Binsfeld in Unterfranken

Im Wandel der Zeit

Unser Dorf Binsfeld unterliegt wie viele andere Dörfer gerade im 20. Jahrhundert einem großen Wandel. Bis zur Jahrhundertwende um 1900 war Binsfeld ein Häckerdorf mit Weinlagen am Brückberg, Alten Berg und am Neuen Weg. Doch durch den damals nicht bekämpfbaren Schädlingsbefall der Peronospera wurden die Weinberge, der letzte wurde 1965, aufgelassen. Heute noch zeugen viele Gewölbekeller von dieser Blütezeit des Dorfes.

Der Ackerbau und die Viehzucht gewannen an Bedeutung. Bis 1950 war dies noch hauptsächlich Handarbeit mit Pferde- oder Kuhgespannen. Die Dreschmaschine wurde im Herbst von Hof zu Hof gezogen. Der Maschineneinsatz im Ackerbau revolutionierte die Landwirtschaft. Ende der 60er Jahre mussten wieder viele Landwirte umdenken. Die Einnahmen reichten nicht mehr aus, die Familien zu ernähren und die großen Investitionen in die immer größer werdenden Maschinen zu tätigen. 1950 gab es in Binsfeld 55 Bauern, die Milch ablieferten. 1993 waren es noch ganze fünf. Diese zusammen erzeugten jedoch mehr Milch, als früher das ganze Dorf zusammen. 2001 gibt es noch drei Vollerwerbslandwirte, davon noch einer mit Milchkühen. Die heutigen Landwirte bewirtschaften 100 fränkische Morgen (20 Hektar) und mehr. Die vielen kleinen Höfe die es noch gibt, werden im Nebenerwerb bewirtschaftet. Neue Nischen entwickelten sich mit Biolandwirtschaft, Schafszucht, Damwildzucht und Weiderinderhaltung in Binsfeld.

Eine ähnliche Entwicklung gab es bei den Handwerkern. Gab es um 1900 bis in die 60er Jahre eine eine Bäckerei, eine Metzgerei, ein Lebensmittelgeschäft, ein Kolonialwarengeschäft, eine Mühle, Faßküffer, Büttner, Glaser, einer kleine Privatbrauerei, Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Maurer, Friseur, Schneider, drei Gaststätten, Schuster, Dorf- und Hufschmied, Tünchner, Zimmerer und Schreiner im Ort, so dass sich der Ort selbst versorgen konnte. Heute sind nur noch eine Landmaschinenschlosserei und ein Lebensmittelgeschäft übrig geblieben. Neue Gewerbe haben sich jedoch im Ort niedergelassen bzw. selbstständig gemacht.

Den Hauptverdienst erwerben sich die Binsfelder nun in der Industrie und im Dienstleistungssektor in Arnstein und den Gewerberegionen Schweinfurt, Würzburg und Karlstadt.

Der Ort hat sich flächenmäßig durch eine Siedlung am Waldweg, in der Hochrainstraße, in der Bahnstraße und am Forstberg stark vergrößert. In der Einwohnerzahl ist er jedoch seit Jahrzehnten stabil. Binsfeld zählt ca. 450 Einwohner. Der Ortskern hat sein ursprüngliches Aussehen bewahren können. In der Unteren Dorfstraße sind noch schöne Fachwerkhäuser zu sehen.

Weitere Veränderung prägten den Ort. 1969 wurde die Schule aufgelöst. Oberlehrer Albert Vogt war der letzte Lehrer in Binsfeld. 1972 wurden die Ordensschwerstern vom "Allerheiligsten Erlöser" in das Mutterhaus zurück berufen. Diese hatten bis dahin den Kindergarten, die Mädchenhandarbeit, Krankenpflege, Kirchenmusik, -schmuck und -wäsche betreut. Der Kindergarten wird heute durch den Johanneszweigverein und der Caritas getragen. Es ist ein wichtiges Ziel, ihn im Ort zu erhalten. Mit Pfarrer Leo Keidel verließ 1978 der letzte in Binsfeld wohnende Pfarrer den Ort. Seitdem wird die Pfarrei St. Laurentius und St. Nickolaus von der Pfarrei Müdesheim aus betreut, wenn auch die Pfarrei Binsfeld noch besteht.

1974 wurde der bis dahin eigenständige Ort Binsfeld in die Großgemeinde Stadt Arnstein eingemeindet. Der letzte Bürgermeister war Ludwig Weißenberger. Vertreter Binsfelds im Stadtrat ist Hubert Sauer, der auch zweiter Bürgermeister der Stadt Arnstein und Kreisrat im Kreistag Main-Spessart ist.

Trotz des Verlustes der Eigenständigkeit, oder gerade deswegen gibt es in Binsfeld ein reges Vereinsleben (siehe Vereine). Seit 1990 werden die vereinsübergreifenden Aufgaben im Ort durch den Vereinsring mitgetragen, der seitdem viele Aktivitäten entwickelte. Somit wurden die verlorenen Institutionen teilweise ersetzt.

In den nächsten Jahren stehen in Binsfeld wichtige Entscheidungen bevor, um den Ort lebenswert zu erhalten. Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich dabei mit der Städtbauförderung. Jedoch liegt es an den Bürgern durch engagierte Mitarbeit in den Gremien und Arbeitskreisen ihre Heimat, trotz aller Veränderungen, die der Zeitenwandel mit sich bringt, lebenswert zu erhalten und zu gestalten.

Binsfeld, Oktober 2001
Ewald Weidner